Simon Staufer

SKU 89 2008

«Manager der Klumpenrisiken»

Die Firma W. Kunz dryTec AG beliefert Kunden weltweit mit Trocknungsanlagen. Im schnelllebigen Geschäft sind Flexibilität, Tempo und Anpassungsfähigkeit gefragt. Die permanente Prozessoptimierung ist eine der Hauptaufgaben des Führungsteams um CEO Simon Staufer.

Vor fünf Jahren schrillten im aargauischen Dintikon die Alarmglocken. Die dort ansässige W. Kunz dryTec AG, ein stark exportabhängiges KMU im Bereich von industriellen Trocknungsanlagen für organische Schüttgüter, hatte zwar bis dahin vom weltweiten Boom für Bioethanol in der Tierfutterverarbeitung profitiert. Der Erlös aus dem Verkauf solcher Anlagen unter der Marke Swiss Combi war auf 80 Prozent des Gesamtumsatzes geklettert und zwischen 2006 und 2008 hatte das Familienunternehmen seinen Mitarbeiterbestand auf 40 Personen verdoppelt. Praktisch über Nacht brach die Nachfrage dann in den wichtigsten Zielmärkten Westeuropas fast komplett zusammen.

Simon Staufer – er teilt sich seit 2011 die Geschäftsleitung mit dem Firmenbesitzer Markus Kunz – erinnert sich: «Ich erarbeitete damals im Rahmen der Weiterbildung SKU Advanced Management Program eine Strategie, mit der wir das rasante Wachstum im Bioethanol-Markt erfolgreich bewältigen und fortsetzen wollten.» Mitten in der Abschlussarbeit musste er radikal umdenken und alles neu schreiben. «Plötzlich lautete die Aufgabe: Welche Sofortmassnahmen müssen wir treffen, um trotz des gravierenden Umsatzeinbruchs die Existenz der Firma zu sichern und einen markanten Stellenabbau zu verhindern?»

Der Chef überträgt sein Wissen

Der heute 39-jährige Co-CEO – damals Verantwortlicher für Verkauf und Produkt-entwicklung – wurde in dieser heiklen Phase auf die Probe gestellt und musste rasch neue Umsatzquellen erschliessen. Das Unternehmen entschied sich für eine Neubelebung des ursprünglichen Geschäfts mit sogenannten Bandtrocknungsanlagen. Um im harten europäischen Preiswettbewerb konkurrenzfähig zu sein, mussten die gesamten Produktionskosten jedoch rasch herunter- gefahren werden.

Ein Massnahmenpaket, das auch eine komplette Neugestaltung der Funktionsprozesse (Re-Engineering) des Bandtrockners beinhaltete, ermöglichte Einsparungen von 20 Prozent. Die W. Kunz dryTec lagerte einen grossen Teil der Produktion von Dintikon nach Tschechien aus. Im Aargau werden seither einzig noch Schlüsselkomponenten für die Anlagen hergestellt. Im Rahmen des Teilprojekts «Befähigung der Mitarbeitenden» wurde gleichzeitig ein intensiver Know-how-Transfer zwischen dem langjährigen Firmenchef Werner Kunz und den Angestellten gefördert. Bis heute beruft Staufer zusammen mit Vater und Sohn Kunz jeden Montag Mitarbeitersitzungen ein, an denen aus erster Hand hilfreiche Anweisungen und wertvolles Fachwissen zur Verbesserung der operativen Leistung jedes Einzelnen vermittelt werden. Zu einer erhöhten Betriebseffizienz führte auch die Verknüpfung aller firmeninternen Prozesse mittels einer neuen IT-Software (ERP-System). Dieses Jahr wird ein Produktdatenmanagement zur Optimierung der Lieferkette darin eingegliedert.

Lizenzgeschäft statt Auslandinvestitionen

Eine permanente Herausforderung ist für das Unternehmen die Förderung des tragenden Exportgeschäfts. Rund 90 Prozent ihres Umsatzes erzielt die W. Kunz dryTec im Ausland. Nach dem temporären Einbruch in Europa als Folge der Finanzkrise musste der Betrieb intensiv nach neuen Märkten in Asien, Nord- und Südamerika sowie Ozeanien Ausschau halten. Für die Etablierung von lokalen Standorten und Agentennetzen in fernen Ländern fehlte jedoch das Geld. «Wir beschlossen daher, auf strategische Partnerschaften und Lizenzmodelle zu setzen», erklärt Simon Staufer. Die W. Kunz dryTec liefert bei diesen Kooperationsmodellen hauptsächlich die Technologie sowie Schlüsselkomponenten für den Anlagenbau im Ausland, trägt aber nur kleinere Risiken für den operativen Erfolg. Die lukrativsten Lizenzvereinbarungen hat das Unternehmen heute mit je einem Partner in Finnland, Spanien und den USA.

Simon Staufer ist als Verkaufsverantwortlicher häufig auf Achse. Durchschnittlich an zwei Tagen pro Woche besucht er Kunden und Partner im Ausland, vornehmlich in Europa, oft auch in Übersee. Auf Baustellen kontrolliert er die Fortschritte bei der Konstruktion von bis zu 60 Meter grossen Trocknungsanlagen, die das Unternehmen im Auftragsverhältnis mit eigenen Ingenieuren zusammenbaut. Zur Kundschaft gehören kleine Landwirtschaftsunternehmen oder Sägewerke, aber auch Grosskonzerne mit mehreren tausend Mitarbeitenden.

Der Verkauf von Bandtrocknungsanlagen läuft nach zwei harten Übergangsjahren inzwischen wieder auf Hochtouren und spült der Firma heute rund 70 Prozent ihres Jahresumsatzes in die Kassen. Setzt sich die W. Kunz dryTec nach dem überstandenen Bioethanol-Schock damit einem neuerlichen Klumpenrisiko aus? Simon Staufer relativiert. Vor der Finanzkrise habe man sich ausschliesslich auf Kunden aus den Absatzmärkten Bioethanol und Holzpellets konzentriert. Heute sei der Umsatz auf sechs Verarbeitungsindustrien verteilt: Holzpellets, Futtermittel, Stärke, Nahrungsmittel, Zucker und Biomasse für Brennstoff. «Das gleiche Schicksal wie damals kann uns heute garantiert nicht mehr widerfahren», so die felsenfeste Überzeugung des CEO.

Text: Robert Wildi

Simon Staufer

stiess 2001 direkt nach Abschluss seines Maschinenbau-Studiums an der ETH Zürich zur W. Kunz dryTec AG. Er wurde 2006 Verkaufsleiter und 2011 Co-Geschäftsführer des Unternehmens. Neben der Betreuung von Stammmärkten und dem Aufbau von Neumärkten ist er auch für die strategische Ausrichtung des Aargauer KMU verantwortlich und hat zu diesem Zweck im Jahr 2008 das SKU Advanced Management Program absolviert. Heute sitzt Staufer auch im Verwaltungsrat der Veltru AG, einem KMU für Robotertechnik. Simon Staufer ist 39-jährig. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

W. Kunz dryTec AG

Das Engineering-Unternehmen mit Sitz in Dintikon AG hat sich auf die Entwicklung, Konstruktion und Realisierung industrieller Trocknungsanlagen im Grossanlagenbau spezialisiert. Kernkompetenz des Unternehmens sind ein indirektes Trocknungsverfahren mit geschlossenem Dampfkreislauf sowie ein Bandtrockner zur Nutzung von Abwärme. Beide Systeme erzielen dank niedrigen Emissionswerten eine umweltfreundliche Leistung. Die W. Kunz dryTec AG beschäftigt 40 Mitarbeitende und erwirtschaftet 90 Prozent ihres Umsatzes im Export.